Biografie
Andrey Diamandiev wurde am 17. November 1961 in Sofia geboren. Er absolvierte das Musikgymnasium "Lyubomir Pipkov" mit Abschluss in Klavier bei Lyudmila Chenkova und Olga Kavlakova und absolvierte die staatliche Musikakademie "Pantscho Wladigerow" mit Abschluss in Komposition bei Prof. Dimitar Tapkov.
1988 wurde er stellvertretender Dirigent von Prodan Prodanov im Amateurchor des DZI.
Er ist Mitglied der Union der bulgarischen Komponisten und der Union der Tribologen.
1993 wurde er Teilzeitassistent für Harmonie am Seminar für Musiktheoretische Disziplinen der Theoretischen Fakultät.
1996 wurde er Vollzeitassistent für Harmonie, um Stella Eliezer zu ersetzen. Anschließend wurde er hauptberuflicher Assistent für Harmonie, Instrumentierung und Orchestrierung an eigener Stelle.
2003 verteidigte er seine Promotion an der staatlichen Musikakademie zum Thema "Funktionserscheinungen an den Grenzen des Dur-Moll-systems".
2005 wurde er Chefassistent für Harmonie, Instrumentierung und Orchestrierung. Er unterrichtet alle drei Disziplinen in allen Fakultäten des nationalen Musikakademie.
2007 schrieb er eine Habilitationsschrift zum Thema: "Orchester- und Harmonieprobleme des Postmodernismus im Werk von György Ligeti".
Im November 2011 präsentierte er den Bericht "Theoretische Aspekte der funktionalen Harmonie in der bulgarischen Musikwissenschaft", der die Grundlage für seine Habilitationsarbeit "Theoretische Aspekte der funktionalen Harmonie" bildete, mit der er 2012 Professor für Harmonie wurde.
Sie können Andrei Diamandievs Kompositionen hier hören:
Forschungsgebiete
funktionelle Harmonie; postmoderne Musiktheorie.
Publikationen
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Über die Unmöglichkeit der Harmonie, über das Musikalische hinauszugehen
In: Интегрална музикална теория
Zusammenfassung
Viele der bestehenden Auffassungen von Harmonie verorten sie in einer Sphäre jenseits des rein Musikalischen – etwa wenn Harmonie mit dem Urgrund der Dinge in Verbindung gebracht wird oder wenn wir in ihr die Möglichkeit wahrnehmen, das Einheitsganze (τὸ πᾶν, totum) zu erfassen. Solche Auffassungen werden hier in Frage gestellt. Die entsprechenden Vorstellungen von Harmonie – als theoretische, pädagogische und praktische Disziplin sowie in der kompositorischen Praxis – werden im Spannungsfeld zwischen dem rationalen Streben nach Allumfassendheit der Harmonie und der Wahrnehmung der Klangübereinstimmung im musikalischen Akt betrachtet.
Aus der Sicht der musikalischen Praxis ist die Thematisierung der Harmonie und ihrer Grundlagen problematisch, da unklar bleibt, ob theoretische Setzungen aus einer Reflexion über real Gehörtes hervorgehen oder lediglich Konstrukte einer selbstgenügsamen Verstandestätigkeit sind. Losgelöst vom Kontext lebendiger Musik, in dem ihr Urbild liegt, tragen die musikalischen Modi zwar weiterhin ihre Substanz, doch der Gebrauch vorgefertigter oder abstrakter theoretischer Modelle in der schöpferischen Tätigkeit verurteilt den Komponisten zu Geschlossenheit und Begrenzung.
Im Gegensatz dazu vermag die Nachahmung innerhalb der Tradition – entspringend der Bewunderung und Ehrfurcht vor dem, was uns übersteigt – das Original der Tradition in völlig neuer Weise zu erschließen; unsere Aufgabe besteht dann allein darin, es zu bewahren, ohne es zu verändern, und es zugleich zu vervollkommnen, indem wir es schützen. Das Neue entspringt der unverwechselbaren Weise, in der der Ausführende oder Verehrer sich zu dem verhält, dem er zu imitieren den inneren Antrieb verspürt. In diesem Fall wird für den Komponisten das Werk zu einem offenen System, und sein Ziel liegt jenseits des Systems selbst.
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Тerminologische inkonsistenzen in der funktionalen theorie in der methode ihrer vermittlung
In: Интегрална музикална теория
Zusammenfassung
Die Funktion ist ein grundlegendes Prinzip der Funktionstheorie und nicht nur eine Abbildung des musikalischen Sinns eines einzigartigen Seins, das von außen nicht durchdrungen werden kann. Terminologische Inkonsistenzen treten entweder als derselbe Begriff mit unterschiedlichen Bedeutungen oder als verschiedene Begriffe mit derselben Bedeutung auf. Das Problem liegt nicht in der Inkonsistenz selbst, die unausweichlich ist, sondern im Anspruch auf eine strengere wissenschaftliche Vorgehensweise oder eine präzisere Taxonomie, die darauf abzielt, die Unfähigkeit zu beheben, eine ausreichend genaue Terminologie zu finden.
Dieser Aufsatz untersucht die Inkonsistenzen in den Arbeiten von Befürwortern der Funktionstheorie wie Parashkev Hadjiev, Evgenii Avramov, Hugo Riemann, Hermann Erpf und Sigfrid Karg-Elert, indem er Stufensysteme mit Systemen vergleicht, die sowohl Stufen als auch Funktionen einbeziehen. In der Praxis sind Tonstufen und ihre harmonischen Identitäten ebenfalls funktional.
Ich argumentiere, dass Funktion im musikalischen Erleben kein abstrakter Begriff ist, sondern die Wahrnehmung eines bestimmten Akkords. Der Geist kann das Vorhandensein eines Phänomens in dem bereits Gehörten feststellen, muss es jedoch nicht gemäß verwandten künstlichen rationalen Schemata manipulieren. Der Harmonieunterricht sollte daher den einfachsten Weg wählen und den Zugang zur Wahrnehmung verkürzen.
So kann beispielsweise die dominante erste Stufe (DI) treffender als der kadenzierende Sextakkord (6–4) beschrieben werden. Auf diese Weise lässt sich eine Verwechslung der Hauptfunktionen T und D (der ersten und fünften Stufe) vermeiden. Obwohl Fragen zur angemessenen studentischen Anleitung und zur Vermeidung von Verwirrung berücksichtigt werden, bleiben sie dennoch offen.
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Modulation als Grundlage musikalischer Form im Kontext des Werkes von Hugo Riemann
In: Интегрална музикална теория
Zusammenfassung
Im folgenden Text zieht der Autor eine Analogie zwischen den Modulationstheorien von Hugo Riemann und Parashkev Hadjiev als Vertretern zweier unterschiedlicher Harmonielehren sowie zwischen ihren verschiedenen Auffassungen hinsichtlich des grundlegenden Zusammenhangs Modulation – musikalische Form, wobei der Schwerpunkt auf Riemanns Systematische Modulationslehre als Grundlage der musikalischen Formenlehre (Harmony Simplified or the Theory of the Tonal Functions of Chords) liegt. Nach Riemann ist Modulation nichts anderes als funktionale Umdeutung (Umdeutung der Funktionen) im Sinne einer neuen Explikation oder einer Veränderung der funktionalen Bedeutung, während Modulation bei Parashkev Hadjiev ein Übergang zum Neuen ist; sie wird vollständig ausgebildet und gefestigt durch die kadenzierende Tonalität.
Für Riemann liegt der Ursprung der großen Formen in kleinen Strukturen, d. h. in den Kadenzen. Daher besteht der Unterschied zwischen Zwischenkadenzen und Modulation nur im Umfang, nicht jedoch im Inhalt. Bei einem statischen tonalen Zentrum als Tonika erscheinen verschiedene Tonarten ausschließlich als unterschiedliche Stufen erweiterter Harmonie gemäß ihrer funktionalen Bedeutung in Riemanns Terminologie.
Der Autor verfolgt verschiedene harmonische Phänomene im Sinne potenzieller oder realer Modulation: Kadenz und verschiedene Formen ihrer Erweiterung (z. B. durch Zwischendominanten und Orgelpunkte), Tonalitätssprünge und Modulation. Der Text berücksichtigt die Unterschiede zu unserer Harmonietradition – etwa den sogenannten Rückgang bei Riemann, der uns zur ursprünglichen Tonart zurückführt.
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Theoretische Aspekte der funktionalen Harmonie
НМА „Проф. Панчо Владигеров“, София
Zusammenfassung
Mit der Feinfühligkeit seiner außergewöhnlichen Musikalität fängt Diamandiev das Crescendo einer musiktheoretischen Tendenz ein – der Tendenz, die Harmonie in die Welt des Rationalen einzuschließen. Die funktionale Harmonie ist fast das ideale Beispiel: Schon durch ihre Bezeichnung („funktional“) zeigt sie, dass es bei ihr um das Erfüllen einer Rolle und um den Umgang mit Bedeutungen geht – und damit auch darum, dass sie sich auf Vertrag, Regel und Abstraktion stützt, die sich von dem tatsächlich Gehörten entfernen.
Was dem Musiker unter solchen Bedingungen fehlt, ist die Klanglichkeit, die Tonsubstanz. Gerade die Tonsubstanz ist es, die sich im Werk des Autors als unabdingbare Voraussetzung, als Hauptorientierung und grundlegender Begriff erweist. Und die Harmonie entfaltet sich im Verhältnis zwischen Tonsubstanz und Funktion des Akkords, zwischen der klanglichen Realität und ihrer rationalen Interpretation.**
Aus einer Rezension von Kristina Yapova